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Porträts

Sangeeta Judith Keller

Der Wunsch, in Indien zu leben, sass seit der Kindheit tief. «Als kleiner Knirps hörte ich, dass die Menschen dort die Kühe anbeten, statt sie zu essen. Das hat mich beeindruckt. Da wollte ich hin.» Die Eltern musste Judith Keller allerdings zuerst mit einer Rebellion, die in einem konsequenten Lernstreik gipfelte, davon überzeugen, dass sie nun doch nicht Lehrerin werden wollte. Stattdessen bereitete eine Ausbildung zur Krankenschwester sie auf ihre künftige Aufgabe vor.

1972 reiste sie ins Land ihrer Träume, um im Orden der Kleinen Schwestern unter den Ärmsten zu leben.

In Varanasi, der heiligen Stadt am Ufer des Ganges, kümmerte sie sich um Leprakranke. Wenn sie heute erzählt, wie sich die Schwestern damals die Zähne an ihrer Eigenwilligkeit ausbissen, lacht sie:. «Es lag von klein auf in meinem Wesen, den eigenen Weg zu gehen.»

Deepu

Start mit grössten Herausforderungen
Deepu kam 1992 zur Welt. Als sie drei Jahre alt war, ließ ihr Vater sie mit den Worten „Ich gehe nur schnell Wasser holen“ auf dem Bahnhof zurück. Er kam nie wieder. Deepu wurde ausgesetzt, weil ihre Beine aufgrund einer Polioerkrankung gelähmt waren. Hilflos und verwaist darbte sie dahin, bis ihr Leben eine entscheidende Wendung nahm, als ein mitfühlender Polizist sie ins KIRAN brachte. Deepu erlebte bereits in ihrem jungen Leben immense Herausforderungen und Widrigkeiten, die sie prägten.

Das Leben in KIRAN
Nach ihrer Ankunft im KIRAN wurde Deepu an beiden Handgelenken operiert, ein entscheidender Schritt in ihrer körperlichen Rehabilitation. Das fürsorgliche Umfeld im KIRAN bot ihr nicht nur medizinische Versorgung, sondern auch die emotionale und pädagogische Unterstützung, die für ihr Wachstum und ihre Entwicklung notwendig war.

Später nutzte Deepu die Möglichkeit, die sich ihr bot, und besuchte eine englische Mittelschule, wo sie akademisch hervorragende Leistungen erbrachte.

Studium
Deepus Engagement im Studium gipfelte in ihrem Abschluss an der Dr. Shakuntala Mishra Rehabilitation University. Dieser Abschluss ist ein deutlicher Erfolg für ihr Engagement, sämtliche Hindernisse zu überwinden, die sich ihr in den Weg stellten. An der Universität erwarb sie Wissen und Fähigkeiten, die sie für eine erfolgreiche Zukunft benötigt.

Berufliche Entwicklung
Nach Abschluss ihrer Ausbildung absolvierte Deepu ein zweijähriges Praktikum mit dem Schwerpunkt Büroarbeit. Diese praktische Erfahrung war entscheidend, um ihre administrativen Fähigkeiten zu verbessern und sie auf eine berufliche Laufbahn vorzubereiten. Darüber hinaus absolvierte sie eine Führungsausbildung bei Kanthari in Kerala, einer renommierten Institution, die Menschen mit Beeinträchtigung befähigt, in ihren Gemeinden Veränderungen herbeizuführen. Dieses Training war entscheidend für die Entwicklung ihrer Führungsqualitäten und die Erweiterung ihres Horizonts.

Ravi

Der Start in ein zweites Leben
Im Jahr 1998 wurde ein kleines, verlassenes Kind vor der Haustür des Ramakrishna Mission Hospital entdeckt. Schwester Sangeeta entschied sich voller Mitgefühl, den etwa 4-jährigen Jungen mit mehrfacher Beeinträchtigung bei sich aufzunehmen. Diese Entscheidung ist der Beginn einer bemerkenswerten Reise des Kindes, welches später Ravi genannt wird.

Die Entwicklung
Ravis frühe Jahre waren voller Herausforderungen, da er sich zahlreichen Operationen unterziehen musste, die wiederum Aufenthalte auf Intensivstationen mit sich zogen. Er erlebte unzähligen Physiotherapiestunden, die ihm halfen, sich leichter in seinem Körper und in der Welt um ihn herum zurechtzufinden. Trotz der Hürden, mit denen er konfrontiert war, blieb Ravis Geist ungebrochen, und seine Entschlossenheit zeigte sich jeden Tag von Neuem.

Was Liebe vermag…
Als Ravi älter wurde, fand er in Clementina eine zweite Mutter. Sie war eine hingebungsvolle Betreuerin, die von den Kindern liebevoll "Mama" genannt wurde. Ihre Bindung war unzerbrechlich, ein Beweis für die Kraft bedingungsloser Liebe und unerschütterlicher Hingabe. Durch Gesten und unausgesprochenes Verständnis wurde Clementina zu Ravis Leit-Stern. Sie verstand seine Bedürfnisse und liess ihm die Fürsorge und Unterstützung zukommen, die er benötigte.

Auch heute noch, mit ca. 32 Jahren, erfreut Ravi mit seinem ansteckenden Lächeln und seinen fesselnden braunen Augen. Seine Augen sprechen Bände, ohne dass seine Lippen ein Wort sagen. Seine Gegenwart ist ein Leuchtfeuer der Hoffnung und der Freude, eine Erinnerung an die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geistes, trotz aller Widrigkeiten.

Rupa, Ravis derzeitige Betreuerin, beschreibt ihn als einen «Liebhaber einfacher Freuden», der Freude an den kleinen Dingen findet, wie zum Beispiel beim Spielen mit Spielzeug oder dem Halten der Hände derer, die ihm lieb sind. Regelmäßige Physiotherapiestunden halten Ravi aktiv und beweglich.

Quelle des Lichts
Die KIRAN-Familie schätzt Ravi als integriertes Mitglied ihrer Gemeinschaft, als Quelle der Inspiration und des Lichts. Sie appellieren an die Großzügigkeit gutherziger Menschen, die Ravis kontinuierliche Pflege unterstützen und sicherstellen, dass er weiterhin die Liebe und Aufmerksamkeit erhält, die er für seinen Körper und seine Seele verdient. Ravis Geschichte ist ein Zeugnis der Kraft der Liebe und der Widerstandsfähigkeit.